Für den Inhalt dieser Seite ist eine neuere Version von Adobe Flash Player erforderlich.

Adobe Flash Player herunterladen

Steuerberater Gißewski
Home
Unsere Mitarbeiter
Leistungsspektrum
Besondere Leistungen
News
Impressum
Datenschutzerklärung
Galerie
Anfahrt
Links

Brief für GmbH-GF/-Gesellschafter des Dezember 2013


Sehr geehrte Damen und Herren,


der Ihnen nun vorliegende Brief möchte Sie über wesentliche vollzogene oder geplante Änderungen im Steuer- und Wirtschaftsrecht der letzten Monate informieren und Ihnen Anlass bieten, auch bestehende Sachverhalte zu überprüfen.

Bitte lesen Sie im Einzelnen:


Inhalt

1.

Können Sonderzahlungen an Arbeitnehmer (Weihnachtsgeld) von Stichtagsregelungen abhängig gemacht werden?

2.

Fristlose Kündigung bei geringer Nebentätigkeit für Konkurrenz?

3.

Keine Rechnungskorrektur ohne Rechnung

4.

Wann ist das Widerspruchsrecht bei Betriebsübergang verwirkt?

5.

Zur Einziehung des Geschäftsanteils eines GmbH-Gesellschafters

6.

AGG erlaubt auch Altersgrenzen für freie Mitarbeiter

7.

Unfall während Trinkpause am Kopierer ist kein Arbeitsunfall

8.

Keine diskriminierende Kündigung bei Unkenntnis über Schwangerschaft

9.

Auch Hausboote können Grundstücke sein

10.

Hin- und Rückgabe von Transportbehältnissen



1. Können Sonderzahlungen an Arbeitnehmer (Weihnachtsgeld) von Stichtagsregelungen abhängig gemacht werden?

Kernaussage
Wird in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) eine Sonderzahlung mit Mischcharakter, die auch Vergütung für bereits erbrachte Arbeitsleistung darstellt, vom Bestand des Arbeitsverhältnisses am 31.12. des Jahres abhängig gemacht, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde, ist eine solche Stichtagsregelung unwirksam.

Sachverhalt
Seit 2006 war der Kläger als Controller bei dem beklagten Verlagsunternehmen beschäftigt. Er erhielt jährlich mit dem Novembergehalt eine als Gratifikation bezeichnete Sonderzahlung in Höhe des jeweiligen Novemberentgelts. Diese wurde ab dem Jahr 2007 als Weihnachtsgratifikation bezeichnet. Jeweils im Herbst eines Jahres übersandte die Beklagte ein Schreiben an alle Arbeitnehmer, in dem "Richtlinien" der Auszahlung aufgeführt waren. In dem Schreiben für das Jahr 2010 hieß es u. a., die Zahlung erfolge "an Verlagsangehörige, die sich am 31.12.2010 in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis" befänden. Für jeden Kalendermonat mit einer bezahlten Arbeitsleistung sollten Verlagsangehörige 1/12 des Bruttomonatsgehalts erhalten. Nach den Richtlinien erhielten im Lauf des Jahres eintretende Arbeitnehmer die Sonderzahlung anteilig. Das Arbeitsverhältnis des Klägers endete aufgrund seiner Kündigung am 30.9.2010. Mit seiner Klage beanspruchte der Kläger anteilige (9/12) Zahlung der Sonderleistung. Die Klage wurde von den Vorinstanzen abgewiesen.

Entscheidung
Das Bundesarbeitsgerichts (BAG) hat das Verlagsunternehmen zur Zahlung verurteilt. Nach den Richtlinien soll die Sonderzahlung einerseits den Arbeitnehmer über das Jahresende hinaus an das Unternehmen binden und damit die Betriebstreue belohnen, zugleich aber auch der Vergütung der im Laufe des Jahres geleisteten Arbeit dienen. In derartigen Fällen sind Stichtagsregelungen, wie sie in den Richtlinien vereinbart sind, nach den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) unwirksam, denn die Klausel benachteiligt den Kläger unangemessen. Sie steht im Widerspruch zum Grundgedanken der dort ebenfalls geregelten arbeitsrechtlichen Vorschriften, weil sie dem Arbeitnehmer bereits erarbeiteten Lohn entzieht. Der Vergütungsanspruch wurde nach den Richtlinien monatlich anteilig erworben. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Sonderzahlung Gegenleistung vornehmlich für Zeiten nach dem Ausscheiden des Klägers oder für besondere – vom Kläger nicht erbrachte – Arbeitsleistungen sein sollte.

Konsequenz
Dient die Sonderzahlung auch der Vergütung der im Laufe des Jahres geleisteten Arbeit, darf dem Arbeitnehmer ein solcher bereits erarbeiteter Lohn nicht durch eine Stichtagsregelung in AGB wieder entzogen werden.

2. Fristlose Kündigung bei geringer Nebentätigkeit für Konkurrenz?

Kernaussage
Übt ein Arbeitnehmer nur in geringem Umfang eine Nebentätigkeit für einen Wettbewerber aus, so rechtfertigt dieser Wettbewerbsverstoß nicht ohne weiteres eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses ohne vorausgegangene Abmahnung. Entscheidend ist, wie stark die Interessen des Arbeitgebers durch den Wettbewerbsverstoß beeinträchtigt worden sind und ob der Arbeitnehmer in Schädigungsabsicht gehandelt hat.

Sachverhalt
Die Arbeitgeberin betreibt eine Gebäudereinigung. Die Arbeitnehmerin war seit 2006 als Kundenbetreuerin dort beschäftigt und betreute u. a. ein Objekt, dass die Arbeitgeberin zum 1.5.2011 an ein Konkurrenzunternehmen verlor. Seit dem 1.5.2011 war der Ehemann der Arbeitnehmerin in diesem Objekt als Reinigungskraft in Nebentätigkeit tätig. Spätestens seit dem 1.8.2011 führte dann auch die Arbeitnehmerin in dem Objekt Reinigungsarbeiten für das Konkurrenzunternehmen durch (ca. 19 Std./Monat für ca. 185 EUR/Monat). Die Arbeitnehmerin ist Betriebsratsmitglied und seit dem 1.3.2012 in dieser Funktion freigestellt. Im Jahr 2012 erhielt die Arbeitgeberin Kenntnis von der Nebentätigkeit und beantragte daraufhin beim Betriebsrat die Erteilung der Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung der Arbeitnehmerin. Der Betriebsrat verweigerte die Zustimmung; hierauf zog die Arbeitgeberin vor das Arbeitsgericht und bekam Recht. Das Landesarbeitsgericht sah dies indes anders.

Entscheidung
Während des Bestehens der Arbeitsverhältnisses ist dem Arbeitnehmer zwar grundsätzlich jede Konkurrenztätigkeit zum Nachteil seines Arbeitgebers untersagt, auch wenn der Einzelvertrag keine ausdrückliche Regelung enthält. Bei Bestimmung der Reichweite dieses Wettbewerbsverbots ist jedoch die geschützte Berufsfreiheit des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Im Rahmen einer Gesamtwürdigung ist daher festzustellen, ob die anderweitige Tätigkeit zu einer Gefährdung oder Beeinträchtigung der Interessen des Arbeitgebers führt, was bei bloßen Hilfstätigkeiten ohne Wettbewerbsverbot wohl nicht der Fall sein dürfte. Hier erschien die Interessenbeeinträchtigung der Arbeitgeberin durch das Wettbewerbsverbot eher gering. Es handelte sich um einfach gelagerte Tätigkeiten, die keiner besonderen Sachkunde bedurften und deren Vorteil für den Wettbewerber kaum messbar sein dürfte. Es wurden keine Geschäftsgeheimnisse verraten und es bestand kein Kundenkontakt. Die die Interessen der Arbeitgeberin nur leicht verletzenden Tätigkeiten wurden schließlich nur in einem geringen Umfang ausgeführt. Die Arbeitnehmerin handelt zudem auch nicht in Schädigungsabsicht.

Konsequenz
Insgesamt wäre vor dem Ausspruch der Kündigung als milderes Mittel eine Abmahnung erforderlich gewesen.

3. Keine Rechnungskorrektur ohne Rechnung

Kernaussage
Der Vorsteuerabzug ist erst möglich, wenn eine ordnungsgemäße Rechnung vorliegt. Ist eine Rechnung fehlerhaft und wird diese in einem späteren Veranlagungszeitraum korrigiert, so besteht aufgrund der jüngsten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) sowie des Bundesfinanzhofs (BFH) die Hoffnung, dass diese Korrektur rückwirkend im Hinblick auf den Vorsteuerabzug wirkt.

Sachverhalt
Der Klägerin, einer Verlagsgesellschaft, stand vertraglich das Recht zu, ihre Produkte in den Straßenbahnen und Bussen eines Verkehrsbetriebes zu vertreiben. Im Gegenzug verpflichtete sich die Klägerin, in ihren Produkten für den Verkehrsbetrieb zu werben. Die Parteien gingen davon aus, dass die jeweiligen Leistungen gleichwertig seien und stellten von 1999 bis 2006 hierüber keine Rechnungen aus. Die Rechnungsstellung und Deklaration dieses tauschähnlichen Umsatzes erfolgte erst im Jahr 2007. Das Finanzamt setzte daraufhin die Umsatzsteuer rückwirkend für die jeweiligen Jahre fest, während es den Vorsteuerabzug erst für das Jahr 2007 gewährte. U. a. unter Hinweis auf die oben genannte Rechtsprechung beantragte die Klägerin, den Vorsteuerabzug rückwirkend aus sachlichen Billigkeitsgründen zuzulassen. Hierdurch wollte sie die Verzinsung der Nachzahlungen für die Vorjahre vermeiden.

Entscheidung
Der BFH erteilt dem Ansinnen der Klägerin eine Absage. Denn eine Rechnungsberichtigung setzt voraus, dass eine ursprüngliche, zu korrigierende Rechnung vorliegt, was hier nicht der Fall war. Der Umstand, dass im Falle einer verspäteten Rechnungsstellung die Umsatzsteuer früher fällig sei, als der Empfänger der Leistung den Vorsteuerabzug geltend machen könne, ist nach Ansicht des BFH vom Gesetzgeber gewollt und kein Verstoß gegen den Neutralitätsgrundsatz der Umsatzsteuer.

Konsequenz
Zum einen zeigt der Fall die Risiken auf, die sich regelmäßig beim Tausch oder bei tauschähnlichen Umsätzen ergeben. Häufig unterbleibt die Abrechnung, da Leistung und Gegenleistung ausgeglichen sind. An den Vorsteuerabzug wird dabei nicht gedacht. Zum anderen bestätigt der BFH die herrschende Auffassung, dass die neue Rechtsprechung zu den Rechnungskorrekturen nicht auf Fälle der erstmaligen Inrechnungstellung anwendbar ist. Ob und unter welchen konkreten Voraussetzungen eine fehlerhafte Rechnung rückwirkend korrigiert werden kann, lässt der BFH allerdings nach wie vor offen.

4. Wann ist das Widerspruchsrecht bei Betriebsübergang verwirkt?

Kernaussage
Bei einem Betriebsübergang kann der Arbeitnehmer durch einen Vergleich mit dem Betriebsübernehmer sein Widerspruchsrecht gegen den Betriebsübergang verwirken.

Sachverhalt
Die Beklagte ist eine Catering-Firma, die 1996 den Betrieb einer Kantine übernommen hatte, in der der Kläger schon seit 1985 tätig war. Die Beklagte verlor den Catering-Auftrag zum 31.12.2010 und informierte den Kläger darüber, dass sein Arbeitsverhältnis im Wege eines Betriebsübergangs (§ 613a Abs. 1 BGB) auf einen anderen Caterer übergehen werde. Der Betriebserwerber bestritt jedoch einen Betriebsübergang, woraufhin ihn der Kläger auf Feststellung eines Arbeitsverhältnisses verklagte. In diesem Prozess einigte sich der Kläger mit dem Betriebserwerber darauf, ein Betriebsübergang habe niemals stattgefunden, ein Arbeitsverhältnis zwischen ihnen habe nie bestanden. Der Betriebserwerber verpflichtete sich zur Zahlung von 45.000 EUR an den Kläger. Anschließend erklärte der Kläger gegenüber der beklagten Catering-Firma den Widerspruch gegen den Betriebsübergang (§ 613a Abs. 6 BGB). Er verlangt nunmehr von der Beklagten als Betriebsveräußerin die Feststellung eines Arbeitsverhältnisses und Annahmeverzugslohn. Nachdem der Kläger vor dem Arbeitsgericht obsiegt hatte wies das Landesarbeitsgericht die Klage Hiergegen ging der Kläger in Revision.

Entscheidung
Vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) blieb der Kläger schließlich erfolglos. Das BAG entschied, dass der Kläger sein Recht zum Widerspruch verwirkt hat. Nach Auffassung des BAG stellt es einen die Verwirkung des Rechts zum Widerspruch begründenden Umstand dar, wenn ein Arbeitnehmer zunächst das Bestehen seines Arbeitsverhältnisses mit dem Betriebserwerber geltend macht und dann über diesen Streitgegenstand eine vergleichsweise Regelung trifft. Das gelte jedenfalls dann, wenn ein Betriebsübergang stattfand und das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers tatsächlich auf den zunächst verklagten Betriebserwerber übergegangen ist.

Konsequenz
Der Entscheidung ist zuzustimmen. Der Kläger darf hier kein "Rosinen picken" betreiben und doppelt abrechen (Vergleichszahlung zzgl. Weiterbestand Arbeitsverhältnis). Der Betriebsübergang fand statt. Nur deshalb kam es zu einem Vergleich über 45.000 EUR.

5. Zur Einziehung des Geschäftsanteils eines GmbH-Gesellschafters

Kernaussage
Ein wichtiger Grund zum Ausschluss eines Gesellschafters im Falle eines tiefgreifenden Zerwürfnisses der Gesellschafter setzt eine zumindest überwiegende Verursachung durch den betroffenen Gesellschafter voraus. Zudem dürfen in der Person der die Ausschließung betreibenden Gesellschafter keine Umstände vorliegen, die deren Ausschließung oder die Auflösung der Gesellschaft rechtfertigen.

Sachverhalt
Der Kläger und 3 weitere Gesellschafter waren Gesellschafter der – ein Kino betreibenden – beklagten GmbH. Alle waren mit je 25 % an der GmbH beteiligt und alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer. Jeder Gesellschafter hatte bestimmte Leistungen als Beitrag zur Förderung des Gesellschaftszwecks zu erbringen. Zu den Aufgaben des Klägers gehörten die Betreuung der Auszubildenden und die Übernahme einzelner Wochenenddienste. Nachdem die persönliche Beziehung des Klägers mit einer Mitgesellschafterin gescheitert war, traten zwischen den Gesellschaftern Spannungen auf. Dabei wurde dem Kläger die Verletzung seiner Pflichten als Geschäftsführer und Gesellschafter vorgeworfen. Ende 2005 wurde der Kläger deswegen dreimal anwaltlich abgemahnt. In einer Gesellschafterversammlung im Dezember 2005 einigten sich die Gesellschafter darauf, dass der Kläger bis auf weiteres bezahlten Urlaub nehmen dürfe und sich während dieser Zeit jedweder Geschäftsführertätigkeit enthalten solle. Hieran hielt sich der Kläger nicht. In der Gesellschafterversammlung im Februar 2006 wurde der Kläger als Geschäftsführer abberufen. In der Versammlung im März 2006 beschlossen die Gesellschafter in Abwesenheit des Klägers einstimmig, dessen Geschäftsanteile aus wichtigem Grund einzuziehen und den Kläger wegen seines Verhaltens aus der GmbH auszuschließen. Hiergegen wandte sich der Kläger und verlor vor dem Bundesgerichtshof (BGH).

Entscheidung
Die Einziehung des Geschäftsanteils des Klägers war wegen des tiefgreifenden Zerwürfnisses der Gesellschafter, das überwiegend vom Kläger verursacht worden war, gerechtfertigt. Es lag ein wichtiger Grund in der Person des Klägers vor. Die Einziehung von Geschäftsanteilen ist nach dem GmbH-Gesetz ohne Zustimmung des Inhabers nur zulässig, wenn die Voraussetzungen vor dem Zeitpunkt, in dem der Berechtigte den Geschäftsanteil erworben hat, im Gesellschaftsvertrag festgesetzt waren. Hier knüpfte die Satzung der GmbH die Zwangseinziehung in zulässiger Weise an das Vorliegen eines wichtigen Grundes in der Person des Gesellschafters. Nach der Rechtsprechung setzt ein wichtiger Grund zum Ausschluss eines Gesellschafters bei einem tiefgreifenden Zerwürfnis voraus, dass dieses von dem betroffenen Gesellschafter zumindest überwiegend verursacht worden ist. Dies war der Fall, denn die Verhaltensweisen des Klägers ließen hier die Achtung vor seinen Mitgesellschaftern vermissen und standen einer ersprießlichen Zusammenarbeit im Wege. Es war auch nicht ersichtlich, dass den Mitgesellschaftern ein ihren eigenen Ausschluss rechtfertigendes Verhalten vorzuwerfen wäre.

Konsequenz
Das Scheitern der Lebensgemeinschaft des Klägers und der Mitgesellschafterin war für die Beantwortung der Frage nach der überwiegenden Verursachung des innergesellschaftliche Zerwürfnisses nur soweit von Bedeutung, wie der daraus resultierende persönliche Konflikt von den Beteiligten in die Gesellschaft hineingetragen wurde. Hier stand indes allein fest, dass die Pflichtverletzungen des Klägers in Fortsetzung seiner in die Gesellschaft hineingetragenen persönlichen Auseinandersetzung mit der Mitgesellschafterin begangen wurden. Dass die Mitgesellschafter in vergleichbarer oder anderer Weise zum Zerwürfnis der Gesellschafter beigetragen haben, war nicht bewiesen.

6. AGG erlaubt auch Altersgrenzen für freie Mitarbeiter

Kernaussage
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verbietet u. a. eine Diskriminierung wegen des Alters. Zahlreiche Arbeits- und Tarifverträge befristen jedoch Arbeitsverhältnisse auf den Zeitpunkt des Erreichens des Rentenalters. Altersgrenzen, die auf das Erreichen des Regelrentenalters abstellen, werden von höchstrichterlicher Rechtsprechung als wirksam erachtet, da der Arbeitnehmer durch den Bezug der gesetzlichen Altersrente wirtschaftlich abgesichert sei. Diesen Rechtsgedanken hat das Arbeitsgericht (ArbG) Bonn auch auf die Zusammenarbeit mit einem freien Mitarbeiter, der regelmäßig beschäftigt worden ist, übertragen.

Sachverhalt
Der Kläger ist 66 Jahre alt und war seit über 30 Jahren als freier Mitarbeiter für die beklagte Rundfunkanstalt programmgestaltend tätig. Ende 2012 teilte die Rundfunkanstalt dem Kläger mit, dass sie ihn wegen des Erreichens des gesetzlichen Rentenalters in Zukunft nicht mehr beschäftigen werde. Der Kläger fühlt sich wegen seines Alters diskriminiert und verlangt eine Entschädigung in Höhe von mindestens 25.000 EUR. Die Rundfunkanstalt berief sich auf die Gleichbehandlung zwischen freien Mitarbeitern und Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnis tarifvertraglich ebenfalls mit dem Erreichen des Rentenalters ende.

Entscheidung
Das Arbeitsgericht Bonn hat die Klage abgewiesen. Altersgrenzen in Arbeits- und Tarifverträgen sind zulässig, wenn die mit der Altersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung übereinstimmen, denn der Arbeitnehmer ist durch die gesetzlichen Rentenansprüche ausreichend materiell abgesichert. Die Kopplung der Dauer des Arbeitsverhältnisses mit dem Regelrentenalter ist daher eine gerechtfertigte Ungleichbehandlung. Für freie Mitarbeiter kann nichts anderes gelten, wenn sie regelmäßig beschäftigt worden sind. Dies trifft für den Kläger zu. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Konsequenz
Vor dem Hintergrund, dass es auf die konkrete wirtschaftliche Absicherung des Arbeitnehmers im Rentenalter nicht ankommt und ein allgemeiner Anstieg von Altersarmut zu verzeichnen ist, ist diese Rechtsprechung in Frage zu stellen. Dennoch ist Arbeitgebern stets die Aufnahme einer solchen Altersgrenze zu empfehlen, da anderenfalls das Arbeitsverhältnis mit Erreichen des Rentenalters nicht automatisch endet.

7. Unfall während Trinkpause am Kopierer ist kein Arbeitsunfall

Kernaussage
Ein Unfall beim Trinken während des Wartens auf die Betriebsbereitschaft eines Kopierers ist kein Arbeitsunfall. Die Nahrungsaufnahme sei als menschliches Grundbedürfnis nicht vom Versicherungsschutz erfasst. Da eine Kopiertätigkeit nicht geeignet sei, ein besonderes Durst- oder Hungergefühl hervorzurufen, komme auch keine Ausnahme hiervon in Betracht.

Sachverhalt
Der Kläger nutzte die einige Sekunden dauernde Pause zur Herstellung der Betriebsbereitschaft eines Kopierers zwischen 2 Kopiervorgängen dazu, um sich aus dem nur wenige Meter entfernten Kühlschrank eine Flasche alkoholfreies Bier zu holen. Nach dem Öffnen der Flasche wollte er heraussprudelndes Bier abtrinken und brach sich dabei mehrere Zahnspitzen im Oberkiefer ab. Die Berufsgenossenschaft lehnte den Antrag des Klägers auf Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall ab.

Entscheidung
Das Sozialgericht Dresden gab der Berufsgenossenschaft Recht. Die Aufnahme von Nahrung auch während einer Arbeitspause am Kopiergerät sei grundsätzlich nicht unfallversichert. Die Nahrungsaufnahme sei ein menschliches Grundbedürfnis und trete regelmäßig hinter betriebliche Belange zurück. Es handele sich um eine sogenannte eigenwirtschaftliche Verrichtung, mit der der Kläger seine versicherte Tätigkeit unterbrochen habe. Hiervon liege auch keine Ausnahme vor, weil die Kopiertätigkeit nicht geeignet gewesen sei, abweichend vom normalen Trink- und Essverhalten des Klägers ein besonderes Durst- oder Hungergefühl hervorzurufen.

Konsequenz
Die Entscheidung zeigt zunächst den allgemeinen Grundsatz, dass auch "auf der Arbeit" der versicherte Bereich endet, wenn die versicherte Tätigkeit (z. B. für Pause) unterbrochen wird. Die Besonderheit liegt hier darin, dass nicht wie z. B. beim Durchschreiten der Kantinentür eine klare Zäsur zwischen versicherter und nicht versicherter Tätigkeit vorliegt und ohne diese Zäsur sehr rigide ein Arbeitsunfall verneint wird.

8. Keine diskriminierende Kündigung bei Unkenntnis über Schwangerschaft

Kernaussage
Nach den Vorschriften des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) ist u. a. eine Diskriminierung eines Arbeitnehmers wegen seines Geschlechts verboten. Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das AGG hat zur Folge, dass der Arbeitnehmer eine Geldentschädigung verlangen kann. Die Kündigung einer Arbeitnehmerin in Unkenntnis von deren Schwangerschaft stellt an sich noch keine geschlechtsbedingte Diskriminierung dar. Das Gleiche gilt auch für ein "Festhalten" an der Kündigung.

Sachverhalt
Der beklagte Arbeitgeber hatte die Klägerin ordentlich in der Probezeit gekündigt. Nachdem die Klägerin ihn über ihre bestehende Schwangerschaft unter Vorlage eines ärztlichen Attestes informierte, forderte sie den Arbeitgeber auf, kurzfristig zu erklären, dass er an der Wirksamkeit der Kündigung nicht festhalte. Erst nachdem der Betriebsarzt die Schwangerschaft und auch das zwischenzeitlich ausgesprochene Beschäftigungsverbot bestätigt hatte, erklärte der Arbeitgeber die Rücknahme der Kündigung. Eine außergerichtliche Einigung konnte nicht erzielt werden, weshalb das Arbeitsgericht nach Anerkenntnis des Arbeitgebers die Unwirksamkeit der Kündigung feststellte. Die Umstände der Kündigung und das Verhalten des Arbeitgebers danach bewertete die Klägerin als Diskriminierung wegen des Geschlechts und verlangte eine Geldentschädigung. Die Klage blieb in allen Instanzen erfolglos.

Entscheidung
Der Klägerin steht kein Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 3 Bruttomonatsgehältern wegen der Benachteiligung aufgrund des Geschlechts zu. Die Kündigung als solche lässt keine Diskriminierung vermuten, da dem Arbeitgeber die Schwangerschaft der Klägerin bei Ausspruch der Kündigung nicht bekannt war. Auch das Verhalten des Arbeitgebers nach Ausspruch der Kündigung ist nicht geschlechtsdiskriminierend. Das Festhalten an einer unwirksamen Kündigung ist insoweit wertneutral. Schließlich lag eine Frauendiskriminierung auch nicht deshalb vor, weil die Parteien darüber stritten, ob der Arbeitgeber wegen des Beschäftigungsverbots zur Zahlung von Mutterschutzlohn verpflichtet war. Denn dieser Anspruch steht ohnehin nur Frauen zu, so dass der Streit über seine Voraussetzungen nicht als Frauendiskriminierung zu bewerten ist.

Konsequenz
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat sich vorliegend zwar nicht festgelegt, ob diskriminierende Kündigungen AGG-Entschädigungen auslösen. Die Möglichkeit der Geldentschädigung für diskriminierende Kündigungen sollte jedoch stets im Auge behalten werden.

9. Auch Hausboote können Grundstücke sein

Kernaussage
Die Vermietung von Grundstücken ist steuerfrei, die Vermietung anderer Gegenstände, z. B. von Fahrzeugen, hingegen nicht. Bisher orientierte sich die Finanzverwaltung hinsichtlich der Frage, ob ein Grundstück vorliegt, an der Definition des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).

Sachverhalt
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte zuletzt festgestellt, dass auch die Verpachtung eines Hausbootes einschließlich der dazugehörigen Liegefläche und Steganlage als Vermietung eines Grundstückes anzusehen ist, wenn das Hausboot dort dauerhaft befestigt ist. Im konkreten Fall war das Hausboot an die üblichen Versorgungsleitungen angebunden und verfügte über keinen eigenen Antrieb. Das Finanzamt hatte hier die Vermietung eines Beförderungsmittels angenommen und Umsatzsteuer festgesetzt.

Neue Verwaltungsanweisung
Das Bundesfinanzministerium (BMF) folgt nun dem Urteil des Europäische Gerichtshofs. Das BMF vertritt daher auch nicht mehr die Ansicht, dass im Rahmen der Steuerbefreiungen des Umsatzsteuergesetzes (UStG) der Begriff des Grundstückes mit dem des BGB übereinstimmt. Die Definition ist nun den Regelungen zur Ortsbestimmung von Dienstleistungen, die in Verbindung mit Grundstücken erbracht werden, zu entnehmen. Hier war schon zuvor zurecht von der zivilrechtlichen Betrachtung abgewichen worden, ohne allerdings die Regelungen zu den Steuerbefreiungen anzupassen.

Konsequenz
Der Begriff des Grundstücks richtet sich nicht nach dem nationalen Zivilrecht, sondern nach den Vorgaben der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL). Einfacher wird es hierdurch für den Rechtsanwender nicht. Allerdings ist die Unterscheidung von erheblicher Bedeutung. Zum einen im Hinblick auf eine mögliche Steuerbefreiung bei Vermietung bzw. Verkauf, zum anderen hinsichtlich der Klärung, ob Dienstleistungen in Verbindung mit einem Grundstück erbracht werden, die, im Gegensatz zu anderen Dienstleistungen, dort besteuert werden, wo das Grundstück liegt.

10. Hin- und Rückgabe von Transportbehältnissen

Kernaussage
Der Groß- und Einzelhandel setzt zur Lieferung von Waren häufig Transportbehältnisse ein, z. B. Getränkekisten. Diese Behältnisse werden entweder gegen Pfand oder im Rahmen reiner Tauschsysteme überlassen. Bei Tauschsystemen wird z. B. dem Empfänger die Ware auf einer Palette überlassen und dieser gibt dem Lieferanten eine gleichwertige Palette zurück.

Neue Verwaltungsanweisung
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat nun zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Transportbehältnissen Stellung bezogen. Hierzu unterscheidet das BMF zwischen Transporthilfsmitteln und Warenumschließungen. Transporthilfsmittel dienen der Vereinfachung des Transports (z. B. Paletten), Warenumschließungen hingegen sind nötig, um die Ware überhaupt verkaufsfähig zu machen (z. B. Flaschen). Die Hin- und Rückgabe von Transporthilfsmitteln stellt eine dem Regelsteuersatz (19 %) unterliegende eigenständige Lieferung dar. Warenumschließungen dagegen sind als Nebenleistung zur gelieferten Ware anzusehen und werden umsatzsteuerlich genauso wie diese Ware behandelt. Ihre Rückgabe stellt daher eine Entgeltminderung dar. Werden Transporthilfsmittel im Rahmen von Tauschsystemen (z. B. Euro-Flachpaletten) überlassen, wird dies als Sachdarlehen behandelt. Nur wenn die Überlassung entgeltlich erfolgt, unterliegt dies der Umsatzsteuer. Darüber hinaus gibt das BMF Hinweise zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Leistungsstörungen bei Tauschsystemen (z. B. gestohlene Paletten) sowie zu Reparatur-Tausch-Programmen (z. B. Tausch zweier defekter Paletten gegen eine neue).

Konsequenzen
Das Schreiben ist von allen Unternehmen des Groß- und Einzelhandels zu beachten. Dies gilt insbesondere für die Behandlung der Transporthilfsmittel. Deren Lieferung wurde bisher auch als Nebenleistung zur Warenlieferung behandelt. Dies ist nun nicht mehr zulässig. Allerdings gewährt das BMF eine Übergangsregelung bis zum 31.12.2013. Ab 2014 hat die Neuregelung dann u a. folgende Konsequenzen: Werden z. B. Lebensmittel zum ermäßigten Steuersatz geliefert, so müssen diese in der Rechnung zu 7 %, das Transporthilfsmittel dagegen zu 19 % abgerechnet werden. Die Überlassung von Transporthilfsmitteln an private Endkunden muss ggf. neu kalkuliert werden. Denn die Rückgabe der Transporthilfsmittel kann der Lieferant nicht mehr als Entgeltsminderung qualifizieren. Die Umsatzsteuer wird damit durch die Rückgabe nicht mehr reduziert. Da dem Lieferanten auch kein Vorsteuerabzug aus den Lieferungen der privaten Endkunden zusteht, ergibt sich eine Mehrbelastung.

Für Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen


Stephan Gißewski

Steuerberater


Ulmenweg 6-8 - 32760 Detmold
Tel.: 05231 / 933 460
www.gißewski.de